von Tim Schilp
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18. November 2020
Die Frage "Wohin an Heilig Abend?" wurde in den letzten 75 Jahren der CVJM-Geschichte immer stets ohne zu zögern beherzt wie folgt beantwortet: "Gemeinsam statt einsam!" Mit Ausrufezeichen! Denn traditionell findet am 24. Dezember unter der Schirmherrschaft des CVJM Gießen e.V. eine festlich-bunte Aktion statt, bei der bis zu 150 Gäste und 50 ehrenamtliche Helfer*innen gemeinsam Weihnachten feiern. Es wird an langen Tischreihen gespeist und Kaffee getrunken, Weihnachtslieder werden gesungen, einer Andacht und Lebensgeschichten gelauscht, geplant und spontan Beiträge zum Besten gegeben und am Ende des Abends gibt es eine Bescherung, die aus Sachspenden zusammengestellt ist. In den letzten Jahren waren es stets bunte, vielfältige, etwas chaotische und auf eine besondere Art und Weise berührende Abende - vielleicht deshalb, weil in der Regel Menschen buchstäblich an einem Tisch sitzen und gemeinsam feiern, die das für gewöhnlich eher nicht tun: Menschen mit den unterschiedlichsten sozio-ökonomischen Hintergründen, Menschen mit Dach über dem Kopf und solche ohne festen Wohnsitz, ganze Familien zusammen mit Alleinstehenden, junge Leute in Ausbildung oder Berufsleben neben Menschen ohne Arbeit, Studenten zwischen Arbeitern. An diesen Abenden wird für mich ein Teil dessen sichtbar, was Gottes Projekt mit den Menschen und ein zentraler Auftrag der Kirche ist: Gottes Herrschaft der Liebe immer mehr Wirklichkeit werden zu lassen und somit heilende und wiederherstellende Gemeinschaft zu schaffen: Zwischen mir und Gott und meinen Mitmenschen – unabhängig ihres Hintergrunds. Doch 2020 stellt sich die Frage ganz neu: "Wohin am Heiligen Abend?" In Zeiten, in denen es nicht sicher ist, ob man die eigene Familie an Weihnachten wird besuchen können und die Wohnungslosenhilfe "Die Brücke" händeringend nach größeren Räumlichkeiten sucht , um auch in Pandemiezeiten ihr essentielles Angebot für Wohnungslose aufrechterhalten zu können, ist ein Fest wie bisher zum ersten Mal nicht möglich. Denn dieses Jahr ist Corona. Ein Fest mit knapp 200 Personen auf engsten (geschlossenem) Raum? Aus Sicht des Infektionsschutzes aktuell nicht denkbar und nicht verantwortungsvoll umsetzbar. Gemeinsames Essen, dicht an dicht an den Tischen sitzend, Singen und ein volles Haus - dieses Jahr nicht möglich. Die Pandemie trifft die Benachteiligten und Schwächsten der Gesellschaft besonders hart: Wegbrechende Angebote, potenzierte Einsamkeit aufgrund von Kontaktbeschränkungen, das verstärkte Zurückziehen der Gesellschaft in den privaten und vor allem digitalen Raum (an welchem teilzunehmen für viele sozial- und wirtschaftlich Benachteiligte eine große Hürde darstellt) und das Risiko einer Infektion mit Sars-Covid-19. Als Verein wollen wir mit dieser schwierigen Lage verantwortungsbewusst umgehen und ringen um gute Lösungen. So sehr wir ein möglichst normales Weihnachtsfest möglich machen und der Sehnsucht nach Gemeinschaft, einem warmen Ort und einer fröhlichen Feier einen Raum bieten wollen, so sehr sehen wir uns den Grenzen ausgesetzt, die uns die Pandemie und deren Eindämmung aufzeigt. Deshalb wird es dieses Jahr nur eine sehr abgespeckte Version dessen geben können, was sonst als selbstverständlich gilt. Zwar wird keine klassische Feier stattfinden, die Bescherung soll es aber auf jeden Fall geben, außerdem eine Mahlzeit und Getränke zum Mitnehmen. Wohin am Heiligen Abend 2020? Nun, zumindest für einen kurzen Halt in den neuen Räumen des CVJM Gießen! Wenn auch gezwungenermaßen mit Abstand, Maske und streng begrenzten Personen pro Raum. Wir bedauern es sehr, dass wir nicht mehr bieten können in diesem Jahr, dass nicht mehr verantwortungsbewusst möglich ist. Aber wir sind hoffnungsvoll, dass dennoch Begegnungen stattfinden können. Wir glauben, dass auch gerade in dieser herausfordernden Zeit Gott erlebbar ist und sich mit den Schwachen und unseren Schwächen solidarisiert. Bekanntermaßen sah für Maria, Joseph und den menschgewordenen Gott in der Person Jesu vor über 2000 Jahren die Antwort auf die Frage „Wohin am Heiligen Abend?“ ebenfalls deutlich trostloser aus als man vielleicht erwarten würde. Keine warme Stube, sondern ein kalter Stall waren der Ort, an dem das stattfand, was wir an Weihnachten feiern. Trotz beschränktem Angebot, sind wir auch in diesem Jahr auf Eure/Ihre Mithilfe angewiesen. Im Zeitraum vom 01. bis zum 18. Dezember nehmen wir in der Ludwigstraße 42 in Gießen Sachspenden an (Abgabe möglichst in Kartons). Achtung, noch mal deutlich: Wir sind umgezogen! Werktags , in der Zeit von 10:00 bis 12:00 Uhr und von 14:00 bis 17:00 Uhr oder nach telefonischer Absprache , nehmen wir ihre Gaben für die Weihnachtsaktion gerne in Empfang. Benötigt werden: Hygieneartikel aller Art, wie z.B. Shampoo, Duschgel, Zahnpasta, Zahnbürsten, Seife, Deo, Kämme, etc. Kaffee, Tee, Obst, Gebäck, Nüsse, Schokolade, Reis, Nudeln, Würstchen u.a.m. zum Verschenken aus logistischen Gründen können wir leider keine Kleiderspenden annehmen Gerne können Sie die Arbeit des CVJM Gießen e.V. auch mit einer Geldspende unterstützen. Wir wünschen Ihnen eine ganz segensreiche Vorweihnachtszeit und bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich für ihre treue Mithilfe!